Taiwan: Sterben ohne Hoffnung

Hoffnung und Hoffnungslosigkeit im Angesicht des Todes

Das gewaltige Bestattungsgebäude ist eines von mehreren in Taipeh, der Hauptstadt Taiwans. In verschiedenen Räumen können mehrere Bestattungen gleichzeitig durchgeführt werden. David nimmt uns mit zu einer Beerdigung.

Die Trauergäste sind schwarz-weiß gekleidet. Ich trage meinen Namen in ein Gästebuch ein und überreiche einen weißen Geldumschlag und einen Bibelvers für die Hinterbliebenen.

Beileid in Gruppen

Als ich die Leichenhalle betrete, begrüßt mich ruhige Instrumentalmusik. Der Raum ist mit gelbem und weißem Tuch drapiert. Im hinteren Teil befindet sich ein großer Altar, der fast vollständig mit weißen, roten und gelben Blumen bedeckt ist. Davor steht ein Weihrauchtopf, Kerzen und buddhistisch-daoistische Bücher. Über dem Altar hängt ein großes Bild des verstorbenen Vaters meines Freundes.

Rechts und links vom Altar stehen mein Freund und seine Familie in schwarzen Gewändern. Die Trauergäste sind in Gruppen organisiert. Ein Angestellter des Bestattungsinstitutes ruft sie einzeln auf, um dem Toten ihren Respekt zu erweisen. Dazu hält der Leiter jeder Gruppe einen Korb mit Blumen hoch und verneigt sich mehrmals, um den Geist des Verstorbenen anzubeten.

Als ich mit meiner kleinen Gruppe aus der Gemeinde aufgerufen werde, lassen wir den Korb stehen. Wir verneigen uns aber vor der Familie, um Respekt zu zeigen.

Ein letzter Gruß

Nachdem alle Gruppen an der Reihe waren, betreten wir einen kleinen Raum hinter dem Altar. Dort liegt der Leichnam in einem offenen Sarg. Ich umarme meinen Freund, der Tränen in den Augen hat. Dann werden wir wieder hinausgeleitet. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass schon die nächste Beerdigung vorbereitet wird.

Der Sarg wird in einen Einäscherungsraum gebracht. Nachdem die Verbrennung beendet ist, füllt man die Asche in eine prachtvolle Urne. Nicht verbrannte Knochen werden mit Essstäbchen eingesammelt. Anschließend fährt die Familie in eine Pagode, um die Asche in einem Urnengrab beizusetzen.

Teures Jenseits

Der Vollständigkeit halber muss ich erwähnen, dass die oben beschriebene Zeremonie nur der letzte Teil eines langen Trauerprozesses ist. Eine durchschnittliche taiwanesische Beerdigung kostet rund 10.000 Euro, das sind etwa drei Monatsgehälter.

30 Tage lang werden komplexe Rituale durchgeführt: Angehörige weinen zu festgelegten Zeiten, Buddhistische Mönche rezitieren alte Formeln, hunderte von Lotusblüten aus Papier werden von Hand gefaltet und dann verbrannt.

Mit viel Geld werden moderne Häuser, Autos, Mobiltelefone und Bündel von Geistergeld aus Papier gekauft und verbrannt, um den Verstorbenen im Jenseits zu versorgen. Auch andere Dinge, die der Verstorbene zu Lebzeiten mochte, werden mit Zeremonien ins Jenseits geschickt. Tut man das nicht, verwandelt sich der Verstorbene in einen hungrigen Geist, der die Angehörigen während des Geistermonats belästigt und bedroht.

Christliche Beerdigungen: ein Unterschied wie Tag und Nacht

Verglichen damit ist eine christliche Beerdigung geradezu simpel. Auch bei Christen gibt es Dekoration, Blumen und ein Bild des Verstorbenen, es fehlen aber Gegenstände zur Anbetung des Geistes.

Ein Pastor erinnert die Gemeinde daran, dass der Verstorbene nun für immer mit Christus vereint ist. Deshalb ist es nicht nötig, Papiergegenstände oder Geld zu verbrennen. Lieder werden angestimmt. Angehörige und Gemeindeglieder verlassen die Beerdigung eines Christen in der Regel mit Hoffnung im Herzen.

Was ist für mich der größte Unterschied zwischen den beiden Zeremonien? Im Buddhismus ist eine Beerdigung der Beginn einer immerwährenden Mühsal, ein verstorbenes Familienmitglied zu versorgen. Im Christentum ist der Tod der Beginn ewiger Ruhe des Verstorbenen in Christus. Die Hoffnung, dass sich Christen nie zum letzten Mal sehen, stirbt nicht – auch nicht im Angesicht des Todes.

David und Sigrun waren in Taipei als Gemeindegründer im sozialen Brennpunkt Wanhua tätig.

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