Halber Chinese

Alles dreht sich ums Essen„Du bist ja schon ein halber Chinese!“ lobt Abteilungsleiter Li vom Gesundheitsamt, als ich vor dem mit Chili-Schoten überhäuften Hühnchen nicht zurückschrecke. Manchmal werden die Zahl der Jahre, die wir fern der Heimat verbracht haben, derart kommentiert.

Reichen Essen und Zeit, um Paulus’ Devise zu verwirklichen: Den Juden ein Jude, den Chinesen ein Chinese?

Ein Dutzend Gerichte kreisen auf dem runden Tisch. Eine Platte hartgekochter, längs halbierter Eier scheint mir wie ein Gleichnis: Innen gelb, außen weiß. Als Deutscher stecke ich zeitlebens in heller Haut, aber tief drinnen kann mein Denken, Fühlen und Wollen sich den Chinesen anpassen. Das geht nicht von heute auf morgen. Und es bedarf mehr als Chili-Toleranz!

Die ÜMG legt großen Wert auf das Sprachstudium, was auch nach zwei Jahren keinesfalls abgeschlossen ist. Die Sprache ist Schlüssel zur Kultur eines Volkes und zum Herzen des Einzelnen.

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Als ich mit Herrn Li Projektpläne bespreche, findet er sie „好“. Zwar kann ich “好” im Wörterbuch nachschlagen: „gut“. Manchmal vergehen Monate, bis ich realisiere, dass er sein und mein „Gesicht bewahren“ wollte, aber das Projekt ablehnt, denn “好“  kann die gesamte Bandbreite von „ja“ über „vielleicht“ bis „nein“ bedeuten.

Noch immer kein ganzer Chinese! Das ist auch nicht möglich, denn ich werde immer irgendwo deutsch bleiben. Doch ich bin darüber hinaus gleichzeitig Bote einer anderen Welt, trage die Identität Christi. Wenn ich die Menschen liebe, achte und respektiere wie Jesus, können alle Kulturunterschiede überbrückt werden. 

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